Krefelder Fahrradwege auf dem Prüfstand

Westdeutsche Zeitung

Aus der Politik: NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer will den Ausbau von Radwegen im Land massiv voranbringen und dafür bürokratische Hindernisse aus dem Weg räumen.

Bund und Land hatten schon vor einigen Jahren das Ziel ausgerufen, den Radverkehr in den Kommunen deutlich zu steigern und dafür in erheblichem Umfang Fördermittel bereitgestellt. Dass der kommunale Ausbau der Infrastruktur bisher nicht in Schwung kam, liegt einerseits an den über die Jahre immer weiter zurückgefahrenen Personalressourcen im Planungs- und Baubereich und andererseits in der Blockadehaltung politischer Mehrheiten, die häufig und im Widerspruch zu der von Bund und Land ausgegebenen Maxime immer noch dem Autoverkehr oberste Priorität geben. Dabei hatten sich AGFS-Mitgliedsstädte1) seinerzeit beim Eintritt schon dazu verpflichtet, im Konfliktfall bei Planungsentscheidungen dem Radverkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr den Vorzug zu geben. Die Realität sieht leider anders aus. Ampelschaltungen werden in ihrer Leistungsfähigkeit häufig immer noch für den Autoverkehr optimiert und die Benutzungspflicht auf rechtswidrigen oder durch Baumwurzeln unbenutzbar gewordene Radwege wird oft nicht aufgehoben, weil Radfahrer auf der Fahrbahn sonst den „Verkehrsfluss“ stören würden. Die Minderung bürokratischer Hindernisse durch den Gesetzgeber kann helfen, wenn sie wirklich in den Kommunen ankommt und auch genutzt wird. Am Beispiel der teilweisen Aufhebung der Anwohnerumlage durch die Landesregierung zeigt sich leider, dass solche Angebote von den Kommunen noch nicht konsequent genutzt werden. Die Landesregierung hat nun neben den Zielen einer Verkehrswende mit dem Fahrradgesetz NRW auch begonnen die erforderlichen Instrumente zu definieren. Diese müssen nun in den Städten und Kreisen angewendet werden.

Radwegepolitik aus Sicht des ADFC-Krefeld

Der Zustand vieler Radwege und für den Radverkehr ebenso wichtigen Nebenstraßen ist leider immer noch in einem kritischen bis unzumutbarem Zustand. Wir sehen aber trotz des Nadelöhrs „Personalknappheit“ Bemühungen, den Sanierungsstau der letzten Jahrzehnte abzubauen. Das zeigt sich auch in der Steigerung der Haushaltsmittel für Radwegsanierungen von früher 200 000€ auf 500 000€ im Jahr 2021 und auf je 1 Mio. € für die nächsten vier Jahre. Deutlich wird aber, dass die Mittel und die Personalausstattung in der Verwaltung und im KBK2) trotzdem nicht ausreichen. Dafür ist auch der Modernisierungsrückstand zu groß. Wir brauchen also einen „Booster“ für die Verkehrsplanung. Der ADFC-Fahrradaktionskreis Krefeld hat zusätzlich eine Liste mit schnell umsetzbaren Maßnahmen zur Sanierung von massiv schadhaften Abschnitten zusammengestellt. Darin sind z.B. ein Teilabschnitt des Radwegs an der Hafelstraße, ein Radwegabschnitt an der K-Bahn zwischen Fütingsweg und Alte Untergath. Es bleibt also bei den Forderungen: Mehr Personal und weitere Mittel für die Radwegsanierung.

Krefelder Radwege: Realität und Zukunft

Zwischen Oppum-Sandberg und dem Großmarkt sollte ein Radweg auf einer aufgelassenen Bahntrasse angelegt werden, der zur Schulwegsicherung und zugleich zum teilweisen Lückenschluss der Promenade im Bereich der Gesamtschule Oppum beitragen würde. Außerdem muss der Radweg an der K-Bahn zwischen Fütingsweg und Dießem verlängert werden. Er ist nicht nur eine wichtige Achse zwischen Fischeln und Innenstadt, sondern auch ein Zubringer für die Promenade. Mit 100% Landesmitteln ließe sich auch der Radschnellweg ab Alte Gladbacher Straße/zukünftige Promenade über den Südpark Richtung Willich und Mönchengladbach auf Krefelder Gebiet realisieren. Seit Jahrzehnten stehen auf der Wunschliste außerdem Radwege an der Moerser Landstraße im Norden und an der Willicher Straße im Süden.

Ebenfalls dringend erforderlich sind gesicherte oder bewachte Fahrradabstellanlagen in der Innenstadt und an wichtigen Verknüpfungspunkten. Das gerade laufende Pilotprojekt von Stadtverwaltung und Kaufhof an der Königsstraße zeigt die Möglichkeiten auf und sollte verstetigt werden.

Braucht Krefeld neue Fahrradstraßen?

Krefeld braucht vor allem echte Fahrradstraßen, die nicht von Autos dominiert werden, sondern Radfahrern schnelles und sicheres Vorankommen ermöglichen. Schilder und Fahrbahnmarkierungen alleine sind keine Infrastruktur. Auf Fahrradstraßen müssen Radfahrer durch bauliche Maßnahmen die Gelegenheit bekommen, wirklich die Hauptrolle zu spielen. Dazu gehören sinnvolle Unterbrechungen für den Auto-Durchgangsverkehr, konsequente Ahndung von Parkverstößen und gute Sichtbeziehungen an den Kreuzungen und Einmündungen.

Einhergehen sollte dies mit der Öffnung der letzten Einbahnstraßen für den Radverkehr, angefangen bei der 200m-Strecke auf der Königsstraße zwischen Mittelstraße und Südwall. Die Öffnung der Einbahnstraßen bringt für Radfahrer die Chance für kurze und sichere Wege, hat vor allem in Krefeld eine durchaus hohe Akzeptanz bei allen Verkehrsteilnehmern und wird auch schon bundesweit nahegelegt.

Betrachtungsansichten des Krefelder ADFC bei Radwegekonzepten

Weitsichtige Projekte stellen die Weichen für die Verkehrswende. Dies sind zum Beispiel:

  • die Promenade
  • die Radachsen, z.B. der Weg an der K-Bahn nach Fischeln
  • der Hermann-Kresse-Weg (ein ehemaliges umgesetztes Projekt)
  • der zaghafte Beginn eines Fast-Lane-Parks neben der A57 in Bockum und Traar
  • die baldige Anbindung an Alleenradweg in Willich

Sie ersetzen nicht die Unterhaltung und Modernisierung des bestehenden Netzes. Wir brauchen attraktive Radverkehrsverbindungen, wenn wir den Umstieg neuer Nutzergruppen auf das Fahrrad erreichen wollen. Leider sind immer noch die Hälfte der innerstädtischen Autofahrten kürzer als 5km. Bei der Entscheidung für die Promenade standen neben der Radverkehrsverbindung auch wichtige Aspekte der Stadtentwicklung im Fokus. Für andere – zweifellos auch dringende - Radverkehrsmaßnahmen standen damals schon zu wenig Planer zur Verfügung. Die ersten Abschnitte der Promenade wurden deshalb auch weitgehend vom Fachbereich Grünflächen geplant. Von solchen Leuchtturmprojekten3) geht, üblicherweise wieder eine Sogwirkung aus, beispielsweise die Zuwege zu optimieren. Dass dies in Krefeld zur Zeit nicht erfolgt, liegt an besagtem Fachkräftemangel. Diese Aufbruchstimmung strahlt aber auch aus auf Projekte wie den Radweg Krefeld-Kempen-Venlo, Krefeld-Duisburg und Krefeld-Willich-Mönchengladbach. Was Krefeld benötigt, ist mit Blick auf 2023 und das kurz vor der politischen Beratung stehende neue Radverkehrskonzept eine echte Aufbruchstimmung für Umweltschutz, Energieeinsparung und den Umstieg auf den Umweltverbund mit Fußgängern, Nahverkehr und Fahrrad. Große Teile der Bevölkerung sind in ihn Bereitschaft zur Mobilitätswende im Kopf weiter, als die Politik glaubt.

 


1)Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte

2)Kommunalbetrieb Krefeld

3)Leuchtturmprojekte sind besonders förderungswürdige Projekte mit Signalwirkung für zahlreiche Folgevorhaben

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