Schlagloch auf der Straße.

Schlagloch auf der Straße. © ADFC/ Gerhard Westrich

Vision oder Wirklichkeit

Krefeld verlängert Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS). Am Personalmangel in den Planungsabteilungen der Verwaltung ändert das leider nichts.

Laut Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) mussten die 35 Kommunen, deren Mitgliedschaft gerade verlängert wurde, zuvor „unter Beweis stellen, dass sie aktiv und kontinuierlich daran arbeiten, zukunftsfähige, belebte und wohnliche Städte zu gestalten“.

Zur AGFS-Seite geht es hier: www.agfs-nrw.de/aktuelles/news/mitgliederversammlung-der-agfs-2022

Nach dem „blauen Brief“ bei der vorigen Verlängerung der AGFS-Mitgliedschaft vor sieben Jahren hat die Stadt Krefeld zwar bei der Sanierung des Altbestands und bei der Verbands- und Öffentlichkeits­beteiligung etwas Fahrt aufgenommen. Von einer angemessenen oder gar gleichberechtigten Berücksichtigung des Rad- und Fußverkehrs in der kommunalen Verkehrsplanung und der Straßenunterhaltung ist aber auf den Straßen und Wegen der Stadt wenig zu erkennen.

Die frischen Mitgliedsurkunden sagen also ebenso wenig über die tatsächlichen Verhältnisse für den nichtmotorisierten Verkehr aus wie die Hinweisschilder „Fahrradfreundliche Stadt xy“ an den Einfallstraßen der AGFS-Städte.

Die Fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit mag in Krefeld Wunsch, Vision oder (fernes) Ziel sein. Die Realität sieht leider immer noch anders aus: Viele Radwege und Fahrradstraßen in Krefeld sind übersät mit Schlaglöchern. Anforderungstasten an Ampeln werden als Klimaschutz-Maßnahme „verkauft“ und neue Fahrradstraßen nur halbherzig eingerichtet. Beim schlecht vorbereiteten Versuch, für das wichtige, aber noch sehr fragmentierte Leuchtturmprojekt „Promenade“ die Bezirkspolitik für eine Bevorrechtigung an drei Querungsstellen zu gewinnen, machte die Stadtverwaltung 2019 einen Rückzieher und ließ dort anschließend mit unverhältnismäßigem Aufwand provisorische Sperrgitter installieren. Eklatante Radwegemängel im Umfeld von Schulen sind lange bekannt, werden aber nicht beseitigt.

Es gibt auch wenig Hoffnung, dass der magere Maßnahmenplan zur Radwegsanierung vom Kommunalbetrieb im vorgesehenen Zeitraum von vier Jahren abgearbeitet werden kann. Denn der KBK leidet erklärtermaßen unter massivem Personalmangel, an dem die Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadtspitze nicht unschuldig sind. Deshalb lassen auch die Neuplanungen für dringend erwartete Modernisierungsprojekte wie die Kölner Straße und Philadelphiastraße auf sich warten, nachdem zuvor Versuche gescheitert waren, veraltete Planungen umzusetzen.

Von einer AGFS-Mitgliedsstadt muss auch eine konsequentere Vorgehensweise gegen Falschparken auf Fuß- und Radwegen erwartet werden. Eine jahrelange Tolerierung des regelmäßigen Parkens auf Gehwegen und Radstreifen auf der Germania-, Dionysius- und Prinz-Ferdinandstraße (um nur einige Beispiele zu nennen) passt so rein gar nicht zum Leitbild der AGFS.

Unverständlich ist schließlich auch, dass detaillierte Empfehlungen der AGFS für ein fahrradfreundliches Baustellenmanagement, die Gestaltung von Querungsstellen oder eine Abstellsatzung ausgerechnet von Krefeld in der kommunalen Praxis bisher kaum berücksichtigt werden.

Fazit: Immer wieder neue Ankündigungen und Beteuerungen aus Politik und Verwaltung motivieren niemanden, die Sofa- oder Auto-Komfortzone zu verlassen und im Alltagsverkehr aufs Rad zu steigen oder auch mal etwas längere Wege zu Fuß zurückzulegen. Das ist aber dringend notwendig, sowohl aus gesundheitlichen als auch ökologischen Gründen, denn 50% der städtischen Autofahrten sind kürzer als 5 km. Der aktuelle und natürlich erfreuliche Anstieg des Radverkehrsanteils geht allein auf die pandemische Lage zurück und auf die Einsicht Einzelner, dass Klimaschutz auch ein Umdenken bei der Wahl der Verkehrsmittel erfordert. Dafür erwarten die neuen wie auch die schon lange Radfahrenden in Krefeld endlich eine deutlich erkennbare Verbesserung der Infrastruktur in der Fläche.

Meldung der Rheinische Post zur AGFS-Versammlung: rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/krefeld-will-situation-fuer-fussgaenger-und-radfahrer-verbessern_aid-64469843

Verwandte Themen

Radfahrer wird mit weniger als 1,5 überholt

FahrRad!Aktionskreis

Eine partei- und verbandsübergreifende Initiative, die sich dafür einsetzt, das Radfahren in Krefeld attraktiver und…

"Karte der übelsten Radwege in Krefeld"

Krefelder Bürger stellt eine Übersichtskarte zu Mängeln, Schäden und Gefahren für Radfahrer*innen zur Verfügung.

Auch auf Radwegen: "Mehr Platz für's Rad" in Grefrath

Die Gemeinde beseitigt Hindernisse auf Radwegen. Bürger und Bürgerinnen sind eingeladen, Problemstellen zu melden.

https://krefeld-viersen.adfc.de/artikel/vision-oder-wirklichkeit

Bleiben Sie in Kontakt